Badische Zeitung


Antje Lechleiter, 16. Mait 2003


Skandal im Sparbezirk? Berliner Künstler "Treuka" im Alten Wiehrebahnhof Freiburg

Skandal im Alten Wiehrebahnhof? Das neue Wandbild des Berliner Künstlertrios "Treuka" zeigt Trauerkränze, eine gefesselte Figur und ein Rudel Schweine. Der Titel:"Den Toten näher als den Lebenden". Mit diesem Ausspruch hatte Freiburgs Oberbürgermeister vor wenigen Monaten den Verein "Kunstraum Alter Wiehrebahnhof" als Vorzeigeobjekt für kulturelle Einsparleistungen der Stadt qualifiziert. Das Thema ist also unzweifelhaft "made in Freiburg", nach Berlin gelangte es, weil sich Felix Carl, Tamara Trölsch und Annette Stieger für eine ungewöhnliche Art der Bildfindung und Entstehung entschieden haben: Während der Ausstellung "Ohne Mittel" im Freiburger Schwarzen Kloster forderten sie das Publikum vor wenigen Wochen zur Einreichung von Themenvorschlägen auf. Über deren Realisation entschied das Los. Mit den im Zufallsverfahren ermittelten Vorgaben gestalteten die drei Künstler vierzehn gemeinsame Bilder sowie das Wandgemälde. Diese Werke sind derzeit in der Ausstellung "treuka.touristik" im Alten Wiehrebahnhof zu sehen.Hilfstruppen im Kulturkampf sind die Berliner nicht Wer nun angesichts der Wandbildgestaltung an einen "herbeigeführten Zufall" denkt, der irrt. Dies verriet die Diskussion um die Symbolkraft des Bildes am Eröffnungsabend. Was von einigen Anwesenden als klarer Hinweis auf eine kulturfeindliche Stadtentwicklung gedeutet wurde, hatte für die drei Macher einen vollkommen anderen, teilweise durch rein persönliche Vorlieben motivierten Hintergrund. Als Hilfstruppen im Kulturkampf lassen sich die Berliner also nicht rekrutieren so viel zum Thema "Bildinterpretation", Engagement und Instrumentalisierung von Kunst. Die witzig gezeichneten Szenen wecken die Lust am Fabulieren, die Freude am Entdecken. In der Kraft der freien Assoziation liegt auch für die Künstler der Reiz am gemeinschaftlichen Arbeiten. Jeder erzählt seine eigene Geschichte. Während der Bildentstehung wandert das Blatt von Hand zu Hand, wird gedreht und neu betrachtet. Bereits vorhandene Teile werden überdeckt, man grenzt sich von den Schöpfungen der Vorgänger ab oder lässt sich davon anregen. Drei Künstler das bedeutet natürlich drei individuelle Stilrichtungen. Doch und das ist das eigentlich Erstaunliche an dieser Vorgehensweise über die drei Stationen hinweg wächst die Fortsetzungsgeschichte zu einer homogenen Gestaltung zusammen.Die Enträtselung, wer was gezeichnet hat, spielt daher für den Beschauer keine Rolle. Er lässt sich von der erzählerischen Kraft der Linie leiten, orientiert sich an farbigen Akzentuierungen, nimmt die Arbeiten als Einheit wahr.

Presse & Kommentare

Seltsame Wortverschlingungen Die Welt, 04.2007
treuka - Die Zukunft der Arbeit ein Text von Meike Jansen, 2007
Unusually traditionalwork(s)Surprise and trust Præsens, 04.2005
Bilder vom Trio treuka in der Galerie Blickensdorff Die Welt, 08.2005
Kunsttrio übernimmt ′Anonyme Aufträge′ Die Rheinpfalz, 02.2005
Kommentar von Spunk Seipel Februar 2004